Börse: Die Angst vor einem Crash wie 1929 (2024)

Stand: 29.10.2019 06:45 Uhr

Könnte sich heute ein Crash wie 1929 wiederholen? Fakt ist: Was an der Börse passiert, bleibt nicht an der Börse. Aber um die Frage zu beantworten, muss man erst verstehen, was am 29. Oktober 1929 geschehen ist.

Mit der Erinnerung an den Crash von 1929 lässt sich auch heute noch Politik, und vor allem Wahlkampf machen: "Unsere rekordträchtige Wirtschaft würde crashen wie im Jahr 1929, wenn einer dieser Clowns Präsident würde", warnte jüngst Donald Trump mit Blick auf die demokratischen Präsidentschaftskandidaten.

Der Traum vom goldenen ZeitaIter

Was war damals passiert? Der Crash von 1929 war das Ende der "Goldenen Zwanziger", die nicht nur den USA einen außerordentlichen Wirtschaftsboom beschert hatten. Die Wirtschaft wuchs dank der damaligen Hightech-Industrie rasant. Radio, Automobilindustrie und die moderne Fließbandproduktion zählten zu den größten Gewinnern.

Der Dow Jones eilte von Rekord zu Rekord. Im Jahr 1924 notierte der US-Leitindex noch bei 100 Punkten, fünf Jahre später hatten sich die Kurse mehr als verdreifacht. "Wir in Amerika sind dem endgültigen Triumph über Armut näher als jedes andere Land in der Geschichte", verkündete der damalige Präsident, der Republikaner Herbert Hoover.

Die noch frisch gegründete US-Notenbank Fed entschloss sich erst spät dazu, mittels Zinserhöhungen das Tempo des Booms zu drosseln – manche Experten sagen zu spät. Die Zinserhöhungen sorgten für Unruhe bei den Investoren, die Kurse begannen erst zu bröckeln, dann zu stürzen.

Denn viele Anleger hatten den Traum vom ewigen Boom und vom leistungslosen Wohlstand geträumt. Dumm nur, dass sie ihre Aktien auf Pump kauften. Fatal war, dass viele Kredite wiederum mit Aktien besichert waren.

Die Folge liegt auf der Hand. Der Wertverlust der Aktien in Verbindung mit steigenden Zinserwartungen sorgte dafür, dass die Kredite nicht mehr hinreichend gedeckt waren. Alarm bei den Banken: Sie forderten ihr Geld zurück, was wiederum dazu führte, dass Anleger ihre Portfolios verkaufen mussten. Willkommen in der Abwärtsspirale.

Rette sich wer kann!

Schwarzer Tag folgte auf schwarzen Tag: Am 24. Oktober, bekannt als "Black Thursday", begann der Absturz. Die Zeitungen titelten "Black Thursday! Wall Street in Panic". Am darauffolgenden 25., dem "Black Friday", setzte sich die Verkaufsflut fort. Am 29. Oktober, dem "Black Tuesday", also heute vor 90 Jahren, erreichte sie einen Höhepunkt, als Investoren versuchten, gleichzeitig ihre Aktien loszuschlagen. Aus Verzweiflung über die Verluste und aus Furcht vor der Pleite begingen einige ruinierte Investoren Selbstmord.

In den ersten Wochen der Panik verlor der Dow Jones etwa ein Drittel seines Werts. Aber es ging noch tiefer. Bis Mitte 1932 verlor der Aktienindex rund 90 Prozent verglichen mit seinem Rekordhoch vom September 1929. Die USA, und mit ihr die Welt, stürzten in eine große Depression.

Die Wirtschaft bricht zusammen

Was kümmert es den Bürger, wenn aus Aktien Altpapier wird? Leider einiges: Vermögen von Anlegern und Unternehmen wurde vernichtet, Kredite fielen aus, Banken mussten Millionen Dollar abschreiben und gingen deshalb selbst pleite. Tausende Finanzinstitute brachen zusammen, insgesamt waren es rund 9.000. Es kam zu sogenannten Bankruns, die das Problem verschärften. Ohne Kredite können natürlich auch die Unternehmen in einer kreditbasierten Ökonomie nicht wirtschaften.

Die Wirtschaftsleistung, die bereits vor dem Crash erste Schwächesignale gesendet hatte, ging dramatisch zurück. Auf dem Höhepunkt der Krise schrumpfte beispielsweise die US-Industrieproduktion um 46,8 Prozent, die Arbeitslosenquote kletterte zwischen 1929 und 1933 von 3,2 auf 24,9 Prozent. Bis heute wird unter Wirtschaftshistorikern noch um die Deutung der Krise gerungen: War der Börsencrash wirklich der Auslöser, oder fiel er nur zeitlich zusammen mit dem Platzen der kreditfinanzierten Wirtschaftsblase?

Auch darüber, inwiefern Zollschranken und protektionistische Maßnahmen der Hoover-Regierung zum Schutz der heimischen Wirtschaft die Krise verschärft haben, herrscht keine Einigkeit. Wirklich hilfreich waren sie wohl eher nicht.

Geldflut zur Rettung der Märkte

Wie soll man mit solchen Wirtschaftskatastrophen umgehen? Auf die sogenannten Selbstheilungskräfte des Marktes, die langfristig wieder für eine Balance sorgen mögen oder nicht, möchte bei heutigen Krisen jedenfalls niemand mehr setzen. "Langfristig sind wir alle tot", lautet ein Bonmot des berühmten britischen Ökonomen John Maynard Keynes, der im Jahr 1936 schrieb, dass ein Erhöhen staatlicher Ausgaben, Steuersenkungen und eine Ausweitung der Geldmenge genutzt werden könnten, um Depressionen entgegenzuwirken.

Der Ökonom Milton Friedman kam Jahre später zum Schluss, dass das zu geringe Geldangebot des Fed zu einer Vergrößerung der Krise geführt habe. Liquidität habe gefehlt, um das Kreditsystem am Laufen zu halten.

Ein bisschen Kommunismus schadet nicht

Ex-Notenbankchef Ben Bernanke leitete die Fed durch die Finanzkrise, die im Jahr 2008 begann, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der großen Depression. Bernanke reagierte unverzüglich mit Zinssenkungen und der Bereitstellung von Liquidität, einige der wichtigsten Wall-Street-Banken wurden teilverstaatlicht, um das Finanzsystem zu stützen. Wenn es wirklich hart auf hart kommt, nimmt also selbst die Wall Street ein bisschen Kommunismus in Kauf.

Die Zinsen sind niedrig geblieben. Dank des billigen Notenbankgeldes eilen die Aktienbörsen seit Jahren schon von Hoch zu Hoch. Nicht zuletzt auch wegen der Zollpolitik Donald Trumps verstärken sich gerade die Konjunktursorgen.

Trotzdem rechnet zumindest derzeit kaum ein Experte mit einem Crash, der mit 1929 vergleichbar ist. Die Notenbanken haben aus dem Krisen der vergangenen Jahrzehnte gelernt, Banken müssen in regelmäßigen Stresstest nachweisen, dass sie über genügend Eigenkapital verfügen, und es herrscht ein Bewusstsein für die globale Vernetzung der Finanzwelt.

Der Wirtschaftshistoriker Charles P. Kindleberger hat zur großen Depression einmal festgestellt, dass alle Staaten nach dem Grundsatz gehandelt hätten: "Ruiniere deinen Nächsten wie dich selbst." Auch wenn man bei Donald Trump gelegentlich einen anderen Eindruck hat: Im Ergebnis hat sich gewiss auch im Weißen Haus herumgesprochen, dass das dauerhaft keine dominante Strategie ist.

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